Ein Mensch vergisst jeden Tag hunderte von Dingen. Meistens ist das nicht so wild, da uns lediglich Unwichtiges entfällt wie Einkäufe, unerledigte Hausaufgaben oder vom Sport abzuholende Kinder. Doch manchmal kommt es auch deutlich schlimmer und zack, hat man vergessen, dass Aílton mal beim MSV Duisburg war.
Dabei sind genau solche seinerzeit sportlich vielleicht nicht ganz so bedeutenden Transfers, bei denen vor allem im Nachhinein Klub- und Spielername überhaupt nicht zueinander passen, doch das Salz in der Suppe. Hier wollen wir deshalb gegen das Vergessen kämpfen und dich regelmäßig an Bundesliga-Transfers erinnern, die wirklich mal passiert sind.
David Odonkor zu Alemannia Aachen
Die Flanke auf Oliver Neuville war der wohl größte Moment in der Karriere von David Odonkor. Mit seiner Vorlage zum 1:0-Treffe in der Gruppenphase der WM 2006 gegen Polen wurde er zum festen Bestandteil des Sommermärchens. Nachdem Odonkor im Januar dieses Jahres ins RTL-Dschungelcamp einzog, zeigte er dort, dass er sich die legendäre Szene sogar auf seinen Arm tätowiert hat.
Nach der WM im eigenen Land verließ Odonkor Deutschland und wechselte zu Betis Sevilla. Der einst pfeilschnelle Flügelspieler, dessen Profikarriere bei Borussia Dortmund begann, hatte häufig mit Verletzungen zu kämpfen. Nach fünf schwierigen Jahren in Spanien ging Odonkor zurück nach Deutschland, um sich erneut ein schwarz-gelbes Trikot überzustreifen – allerdings nicht das vom BVB, sondern von Alemannia Aachen! Der damalige Zweitligist holte Odonkor als Verstärkung im Abstiegskampf. Trotz der prominenten Verstärkung ging es nach Saisonende in die dritte Liga – und für Odonkor weiter in die Ukraine.
Wann war das? September 2011
Von wo kam er? Betis Sevilla
Transfersumme? ablösefrei
Bilanz? 23 Spiele, 2 Tore, 2 Torvorlagen
Was kam danach? Odonkor wechselte in die Ukraine zum FK Howerla Uschhorod – seine letzte Profistation. Später lief Odonkor noch im Amateurbereich für den SV Wilhelmshaven (nur in Testspielen) und den TuS Bövinghausen auf.
Álvaro Odriozola zum FC Bayern München
Die Champions-League-Siege des FC Bayern München sind mit großen Namen verknüpft. Beim Triumph 2001 kommt einem Oliver Kahn in den Sinn, der im Elfmeterschießen gegen Valencia zum Held wurde. Das Wembley-Finale von 2013 wird unter anderem mit Arjen Robben und seinem erlösenden Tor kurz vor Schluss verbunden. Im Corona-geprägten Endspiel von 2020 schlug die große Stunde von Kingsley Coman gegen seinen Ex-Klub PSG. Zu den siegreichen Mannschaften gehörten aber stets auch andere Spieler, die vielleicht weniger im Gedächtnis blieben, sich aber dennoch „Champions-League-Sieger“ in ihre Vita schreiben dürfen: 2001 beispielsweise Michael Wiesinger, zum Team von 2013 gehörte auch ein Diego Contento und nach dem Finale 2020 konnte auch Álvaro Odriozola jubeln.
An den Spanier, der als Leihgabe von Real Madrid für ein halbes Jahr in München spielte, dürften sich nur wenige Bayern-Fans erinnern. Warum auch, große Spuren hinterließ er bei seinen fünf Pflichtspieleinsätzen nicht. Ein kleines, unscheinbares Puzzle-Teil des Triple-Sieges von 2020 war er nichtsdestotrotz.
Wann war das? Januar 2020
Von wo kam er? Real Madrid
Transfersumme? Leihgeschäft
Bilanz? Drei Bundesliga-Spiele, ein Einsatz in der Champions League und einer im DFB-Pokal
Was kam danach? Odriozola ging zurück zu Real Madrid, in der Saison 2021/22 wurde er nach Florenz ausgeliehen. Heute spielt er bei Real Sociedad San Sebastián.
Lothar Matthäus zum 1. FC Lok Leipzig
Zugegeben, ein Transfer im klassischen Sinne war es nicht, der dazu führte, dass sich Lothar Matthäus vor knapp 20 Jahren das Trikot von Lok Leipzig überstreifte. Eher ein PR-Gag, um Aufmerksamkeit auf die Neugründung des Traditionsvereins und seinen Ritt durch die untersten Ligen zu lenken. Matthäus, der seine Profilaufbahn etwa fünf Jahre zuvor beendet hatte, war Feuer und Flamme. „Hier riecht es noch nach Fußball“, sagte er nach seinem ersten und einzigen Auftritt als Lok-Leipzig-Spieler.
Über 6000 Zuschauer waren zum Stadtpokal-Halbfinale gegen den SV Leipzig Ost im Bruno-Plache-Stadion gekommen. Matthäus ging in die Zweikämpfe, leitete das Team an, war die Schaltzentrale im Mittelfeld – und hatte am Ende seinen Anteil am 1:0-Sieg. Das Publikum war begeistert von „Lok-Lothar“. Rainer Lisiewicz, damaliger Trainer des 1. FC Lok, hoffte noch auf weitere Matthäus-Einsätze: „Er hat ja jetzt einen gültigen Spielerpass.“ Letztendlich blieb es aber bei dem einmaligen Spektakel, das zumindest für die damals Anwesenden bis heute unvergessen sein dürfte.
Wann war das? Mai 2005
Von wo kam er? Reaktivierung nach dem Karriereende
Transfersumme? ablösefrei
Bilanz? 1 Spiel im Leipziger Stadtpokal
Was kam danach? Matthäus konzentrierte sich zunächst wieder auf seine Trainerkarriere. Dreizehn Jahre später hatte er ein weiteres Ein-Spiel-Comeback im Amateurfußball: Im Mai 2018 trat er für seinen Jugendverein, den 1. FC Herzogenaurach, in der Bezirksliga an.
(Titelfoto: Andreas Rentz / Bongarts / Getty Images)
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